Ganz klar: so leidenschaftlich, so maßlos kann nur ein Russe lieben – ein echter Kerl, der seiner Frau in den Pelzmantel hilft, damit er nicht selbst den Schnee schippen muss, und ihr die Hand küsst, damit sie seine Wodkafahne nicht bemerkt. Behaupten zwei, die es eigentlich wissen müssten: Rund um die Welt von Liebe, Sex und Zärtlichkeit führt das „aufklärende Musikkabarett“ von Olga Lomenko und Dimitrij Sacharow am 17.01.2010 in der Frankfurter Kabarett „Käs“.
Zum „IV. Internationalen Kongress der Sexualkunde“ laden die kabarettistischen Ostgewächse mit deutschem Pass: Die kosakenblütige Olga Lomenko, eigentlich aus Saporoschje in der Ukraine stammend, und Dimitrij Anatoljewitsch, in Wirklichkeit ein Berliner Impressario. Der leidet an diesem Abend unter der Knute des russischen Matriarchats – immerhin 46 Prozent der Spitzenpositionen Russlands werden von Frauen gestellt.
Assistent Dimitrij lebt dafür am Rand der Bühne, als Karikatur seiner selbst, eine tragische russische Beziehung zur Hochtechnologie aus. Es hilft kein Schimpfen und kein Klagen der Referentin: In Nu sind ihre „erläuternden“ Videos in Bändersalat verwandelt – ein willkommener Vorwand für die beiden Künstler, mit Tanz- und Musikeinlagen die internationalen Bettdecken zu lüpfen.
Mit viel Ironie und Klischee, aber auch Fantasie und Feingefühl spürt das Duo den unterschiedlichen Lebens- wie Liebeswelten nach: Amerikanischer Bigotterie, spanischen Muttersöhnchen, orientalischen Schleiertänzen oder japanischen Schulmädchenschlüpfer- Schnüfflern – „Samurai“, die den Müll runterbringen und ihre Libido mit „Reiki“-Übungen bändigen müssen, damit die dünnen Wände nicht zusammenbrechen.
Der Franzose ein Genießer, der einer Dame in der Gondel zusammen mit dem trittbrettfahrenden italienischen Gondoliere Avancen macht. Oder der Deutsche: Nach viel Besserwisserei von ihm geht es zwei Stunden schweigend über die Kanäle – am Ende werden die Rechnungen getrennt bezahlt.
Während der deutsche Mann im Kopf die Beziehung bereits bis „Punkt 21“ durchgegangen ist, endet die, behauptet Lomenko, oft schon bei Punkt 1: dem gefürchteten Korb, von Dimitrij Anatoljewitsch auf die Folie des Overhead-Projektors gemalt. Die Deutschen sind in der Liebe eben am liebsten unglücklich, aber auch die Erfinder von „blauer Blume“ und Romantik: Mit den zarten Klängen von „Lass es Liebe sein“ sorgt die Sängerin vom Dnjepr für Gänsehautstimmung.
Dieser Humor-Import „pa-russkij“ wirkt vertraut und fremdartig zugleich, selbstironisch, lebensklug und eigentlich ganz züchtig. Es dauert eine Weile, bis die Dampfwalze exotisch-erotischer Leidenschaften in Fahrt kommt. Aber die polyglotten Musikeinlagen, auf Arabisch, Englisch, Deutsch, Russisch, Spanisch, sind brillant wie das wilde Feuerwerk, dass die beiden postsowjetischen Sexualforscher bei der „Wieder-Verheiratung“ eines Ehepaars aus dem Publikum zünden: Soviel Temperament verdient Kompliment – ein pikantes, leckeres Kaviarhäppchen des Kabaretts.
Weitere Infos unter www.olga-lomenko.de